Die Facebook-Seiten einiger Deutschrapper verbreiten eine brisante Mischung aus Pop, Promotion und antiisraelischer Propaganda.
Seit Tagen ergeht Massiv sich auf Facebook in Hasstiraden
gegen Israel, aber manchem Fan reicht das noch immer nicht. »Du Hund,
was du bist«, schreibt ein erboster Facebook-User dem deutschen Rapper
mit palästinensischem Migrationshintergrund ins virtuelle Stammbuch,
»teil mal lieber was von dein Lande, du Jude, was du bist«, schimpft er,
weil Massiv seit gefühlten zehn Postings nichts mehr über Gaza, sondern
nur über sein neues Album geschrieben hat. Dabei gelingt es Massiv
geschickt, Pop, Promotion und Propaganda zu verbinden. Seit Beginn der
israelischen Militäroperation verbreitet Wasim Taha, wie der Rapper mit
bürgerlichem Namen heißt, seine Sicht auf den Konflikt. »Gaza ist das
dicht besiedelte Gebiet der Welt, jede Bombe fällt auf unschuldige
Zivilisten und wird immer wieder billig gerechtfertigt, dass es eine
gezielte Terroristen-Tötung sei. Diese drei verschwundenen Kinder auf
Israels Seite sind selbst Soldaten gewesen und haben sich selbst immer
mit gefangenen palästinensischen Jugendlichen fotografieren lassen in
dreckigen Posen!!!!«
Erst einmal so richtig in Rage, bringt er seinen Followern weitere
unumstößliche Fakten nahe: »Frauen werden an ihren Haaren durch die
Straße gezogen, Kinder werden verschleppt, systematisch werden seit
Jahren die Straßen gesäubert in einem Warschauer Ghetto 2.0.
Stacheldraht, Stromzäune, Mauern, so hoch, dass man den Himmel nicht
sehen kann.« Dem Publikum gefällt die alte Platte mit dem Sprung, 28 123
Personen liken den Beitrag von Massiv. Einwände, dass diese
Behauptungen nicht mit den Tatsachen übereinstimmen, werden glattweg
abgewiesen: »Almans müssen mal wieder ihren unnötigen falschen Senf dazu
geben, weil sie keine Ahnung von dem haben.«
Das zu dem Beitrag gehörende Bild soll einen israelischen Soldaten
zeigen, der mit seinem Stiefel einem palästinensischen Kleinkind auf den
Brustkorb tritt; in der rechten Hand eine AK47. Der Hinweis einiger
Kommentatoren, dass die israelische Armee solche veralteten
Maschinengewehre russischer Bauart nicht verwendet, wird nicht eben
logisch beantwortet: »Halt dein Maul, du Depp, wenn du keine Ahnung
hast, dann lass es lieber!!! Es geht ums Prinzip!!!«
Mit dieser verbalen Strategie – Kraftmeierei und Überlegenheitsgestus
durch gefühlten Wissensvorsprung – wird Kritik an der eigenen Position
verhindert. Das entbehrt nicht einmal einer gewissen Logik: Wenn alle
Nachrichten, alle Fotos und Videos von »den Zionisten« manipuliert sind,
dann bleibt einem nichts, als an die eigenen Bilder zu glauben. Aus
Prinzip. Deshalb stört der Vorwurf nicht, dass es sich bei den Bildern
um eine Fälschung handelt. Die Wahrheit wird ja bekanntlich auf allen
Kanälen unterdrückt: »Ob Fake-Bild oder nicht, diese Situationen gibt es
wirklich!!!« Wer nicht daran glaubt, dass die Palästinenser Opfer der
zionistischen Aggressoren sind, kann nur ein Ungläubiger sein. Es ist
wie eine religiöse Offenbarung. »Das Bild spielt keine Rolle, ihr
Lutschers«, kommentiert ein User, ein anderer sekundiert und greift eine
noch skeptische Userin an: »Marina, wie blöd bist du eigentlich, denkst
du es, hängt vom Bild ab!!«
Der Einbruch der Realität wird mit allen Mitteln abgewehrt. So zum
Beispiel, wenn es um den islamistischen Terror geht: »Ihr behinderten
Spackos, Al-qaida bzw. Terroristen sind eine Erfindung der Amis.«
Muslime werden als prinzipiell friedlich wahrgenommen; diese Projektion
führt letztlich zur völligen Verkehrung der Geschichte: »Bis jetzt haben
muslimische Länder keinen einzigen Krieg angefangen. Die diese Kriege
angefangen haben, sind Christen, Juden und weiß der Geier«. Das bedeutet
auch: »Die Isis sind bezahlte Krieger, die alles andere als Muslime
sind.«
Das Wissen um die wahren Feinde wird zum wichtigsten Motiv der
Facebook-Glaubensgemeinschaft. »Die wirklichen Terroristen sitzen
überall auf der Welt und lachen euch aus, da ihr diesen Mist auch
glaubt«, ist eine verklausulierte Version antiamerikanischer und
antiisraelischer Propaganda. Wer aus seinem Herzen keine Mördergrube
macht, schreibt frei heraus: »Verfickte Israelis!!! Elendig sollen sie
verrecken« oder: »Free Palästina. Weg mit Israel!« Doch wie im Battlerap
gibt es noch eine weitere Steigerungsform, in diesem Fall, die offene,
völlig ungenierte nationalsozialistische Vernichtungsdrohung:
»Scheißjuden, euer Vater, der Adolf, wusste ganz genau, was ihr braucht«
beziehungsweise: »Schade, dass Hitler nicht alle Juden vernichtet hat.«
Die spezifisch deutsche Variante des derzeitigen Furors versucht sich an
netten Ratschlägen: »Dann machs doch wie Deso Dogg und unterstütze
deine Brüder und Schwestern statt hier große Reden zu schwingen«, sucht
sich ein User konstruktiv in die Debatte einzubringen. Andere pendeln
aufgeregt zwischen ihren rassistischen und antisemitischen Ressentiments
hin und her. »Alle regen sich auf über die Deutschen, wenn sie was
gegen Juden haben … werden sofort als Nazis beschimpft, aber so, wie ich
das sehe und lese bei manchen, die nicht deutsch sind … meine Fresse
... da sind wir ja garnet so schlimm … ihr seid wesentlich schlimmer!!!«
lässt sich ein User aus, um dann gleich mit einer Ansage weiter zu
machen: »Aber kommt bloß nich her, wenn ihr ne Unterkunft braucht und
euch nur durchschnorrt«.
Nicht nur auf der Facebook-Seite von Massiv toben sich die Judenhasser
aus. Die Follower des Rappers Eko Fresh fordern ihr Idol auf, dass er
ein Lied produzieren solle »wegen dem Zeug in den Ländern, wo die
Amerikaner und Israelis Krieg führen«. Die Rapper Bushido und Fard
mobilisieren ihre Anhänger zu antiisraelischen Kundgebungen und
Demonstrationen. Der Renner in Deutschrapkreisen ist jedoch ein Video,
in dem sich der ehemalige Radiomoderator und Veranstalter der
Montagsdemos, Ken Jebsen, und die auf die Verbreitung antizionistischer
Propaganda spezialisierten Evelyn Hecht-Galinski gemeinsam in der
Diffamierung Israels üben.
Die zitierten Facebook-Beiträge wurden behutsam orthographisch bearbeitet.