Montag, 25. Juni 2012

Nein! Doch! Ohh!

Ralf Fischer / Junge Welt


Wäre das Viertelfinale Frankreich–Spanien ein Vorabendkrimi gewesen, dann ein ganz fieser. Gift im Frühstückstee, ein Messer im Rücken, ein hinterhältiger Anschlag, ausgeführt von Verwandten, zumindest guten Bekannten. Eine fein verwobene Familienfehde mit viel bösem Blut im Spiel. Wer das Opfer war? Franck Ribery! Die Täter? Alle seine Mitspieler mit Ausnahme des Torhüters Hugo Lloris. Der hielt Ribery den Rücken frei, aber das genügte nicht bei neun mordlüsternden Mitspielern und elf mitleidlos das Debakel begleitenden Spaniern.

Ribery kam, sah und siegte nicht, erlebt wieder nur ein grandioses Desaster. Zum vierten mal in dieser Saison. Er ackerte, dribbelte, lief sich fest. Seine Mitspieler wollten nur bedingt gewinnen, während er es um jeden Preis wollte. Für sein Land, seinen Gemütszustand, die französischen Fans zu Hause. Im Stadion waren kaum welche. Dafür war die Ordnungsmacht anwesend. In Form eines modernen Luis de Funes. »Nein! Doch! Ohh!« Michel Platini, UEFA-Chef und letzter Anführer des Widerstand gegen die Einführung von Torkameras, stand dem Auftritt seiner französischen Landsleute besonders neutral gegenüber. Das spielte Spanien wohl ebenfalls in die Karten.

Ausgestattet mit Trikots, auf denen im Zentrum des Escudo (Wappenschild) nicht das Wappen des spanischen Königshauses abgebildet ist, sondern das der französischen Bourbonen, gaukelten die Spanier den Franzosen vor, sie seien ungefährlich. Was bis zu einem gewissen Grad auch stimmte. Das spanische Kleinkunstfestival war uninspiriert. Es ließ nicht halb so staunen wie in den Jahren zuvor. Spanien hat bisher keine überragende Leistung gebracht. Das überzeugt einleuchtenderweise fast alle davon, daß es wieder Europameister wird. Scheißegal! Dafür hat Frankreich den Blues und mit Franck Ribery einen neuen, traurigen Helden.

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