Mittwoch, 30. November 2011

Der FSV und die Brandstifter

In der Kurve des Fünftligisten FSV Zwickau feiern schon länger auch Neonazis

Ralf Fischer / Junge Welt

Die Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) ruft in diesen Tagen nicht nur Abscheu und Entsetzen hervor. Es gibt auch offene Sympathiebekundungen. Zum Beispiel in Zwickau. Während des Oberligaspiels zwischen dem FSV Zwickau und den Amateuren von Erzgebirge Aue wurden am Freitag abend im Block A des Zwickauer Sojus-Stadions mehrfach Sprechchöre wie »Terrorzelle Zwickau – olé, olé, olé« und »NSU« angestimmt. Das berichten übereinstimmend mehrere Fans.

Auf der Vereinsseite war nach dem Spiel vorübergehend eine Szene aus der FSV-Kabine auf Video dokumentiert. Die versammelte Mannschaft rief immer wieder »Sieg, Sieg, Sieg«, bis ein Spieler den Chor mit »Heil« beendete. Statt Widerspruch erntete er Gelächter. Im Zentrum des beschaulichen Städtchens im Westen Sachsens demonstrierten zu diesem Zeitpunkt über tausend Menschen ihre Solidarität mit den Opfern der NSU-Mordserie.

Wie tief faschistisches Gedankengut bei einigen in der Region verankert ist, war derweil im Stadion zu erleben. »Wismut Aue – Jude, Jude, Jude« wurde in der Kurve skandiert. Aber es wurde auch gesungen: »Eine U-Bahn, eine U-Bahn, eine U-Bahn bauen wir, von Aue bis nach Auschwitz, eine U-Bahn bauen wir«. Michael Voigt vom Fanprojekt Zwickau erklärte gegenüber dem MDR: »Ich persönlich habe das U-Bahn-Lied gehört. Es gab allerdings auch Fans, die sich mit deutlichen Worten dagegen gewandt haben.«

Im Block A gibt der Fanklub Schedewitz den Ton an und die Beflaggung vor. Hier wurde beim Spiel das Logo der Neonazi-Modemarke Thor Steinar mit einem Transparent kombiniert: »Wir kleiden uns neu ein – für unseren Verein«. Eine Anspielung auf das Verbot der Marke, das kürzlich von der Polizei durchgesetzt wurde, am 16.November beim Sachsenpokal-Spiel gegen Lok Leipzig.

Der Fanklub Schedewitz tritt nicht das erste Mal so auf. Wie Antifaschisten aus Zwickau berichten, beschwört er gerne die »88 Schedewitzer Jungs« oder präsentiert Banner mit einer Losung von Wehrmachtsoldaten: »Gott mit uns«.

Der FSV Zwickau nahm auf seiner Website Stellung zu den Anwürfen: »Wenngleich die öffentliche Berichterstattung leichtfertig unsere Stadt zu einem Hort rechtsradikaler Gewalt abstempeln möchte – der FSV verwahrt sich mit Nachdruck gegen jedwede Form politisch motivierten Extremismus in unserer Gesellschaft.« Vorbehaltlos unterstütze der Verein den Aufruf der Zwickauer Oberbürgermeisterin Pia Findeiß (SPD) gegen braune Gewalt. Gemeinsam mit den Sicherheitskräften wolle man die »Brandstifter« ausfindig machen, um »entsprechende Strafanzeigen wegen Hausfriedensbruch u.ä. zu stellen«.

Fanprojekt-Mitarbeiter Michael Voigt ist da skeptisch. Er habe den Verein schon vor einiger Zeit auf rechte Tendenzen in der Fanszene hingewiesen, erklärte er dem MDR: »Die haben zu mir gesagt, ich würde das Problem des Rechtsextremismus zu sehr aufbauschen.«

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