Mittwoch, 4. April 2007

"Wir brauchen den rechten Sumpf nicht"

Nordbahngemeinden gründen Bürgerbündnis gegen Rechts

Ralf Fischer & Juri Eber / hagalil.com

Am 8. März diesen Jahres war es soweit: Nach einem langen Vorlauf gründete sich die Aktionsgemeinschaft "Nordbahngemeinden mit Courage", um in den Orten Hohen Neuendorf und Birkenwerder besser abgestimmt gegen den organisierten Rechtsextremismus aktiv werden zu können. Nur 20 Tage später, am vergangenen Mittwochabend, veranstaltete das Bündnis im Marie-Curie-Gymnasium, einer "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage", die erste Veranstaltung mit 150 Besuchern, um über Strategien der extremen Rechten zu informieren...


Der Auslöser für die Initiative war der Landesparteitag der Brandenburger NPD im Oktober letzten Jahres, der zunächst unbemerkt von der Öffentlichkeit im Hohen Neuendorfer Stadtteil Borgsdorf stattfinden konnte. Aus einer ersten losen Zusammenkunft entwickelte sich recht schnell ein breites Bürgerbündnis. Inzwischen sind alle politischen Parteien, viele lokale Vereine, Verbände, Schulen und Initiativen in dem Bündnis aktiv. Die Bürgermeister der Kommunen, Monika Mittelstädt (CDU, Hohen Neuendorf) und Kurt Vetter (SPD, Birkenwerder) übernahmen die Schirmherrschaft des Bündnisses. Weitere Gemeinden, wie Mühlenbecker Land, planen ihren Beitritt.

In ihrer Begrüßungsrede betonte Fäschner, dass Rechtsextremismus kein zu vernachlässigendes Randproblem sei, sondern beinahe wie selbstverständlich im Alltag verwurzelt ist. Ein lokales Beispiel dafür ist der Fall Stella Palau. Über ein Jahr lang war das Mitglied des NPD-Bundesvorstandes unentdeckt im Hohen Neuendorfer Kinderzentrum ein und ausgegangen. Sie trat ganz normal auf und hielt ihre politische Gesinnung geheim, sodass den anderen Frauen nichts wirklich auffiel. Mit ihrem Mann, dem ebenfalls im Bundesvorstand der rechtsextremen Partei aktiven Jörg Hähnel war sie vor einem Jahr aus Berlin in den Brandenburger Speckgürtel gezogen. Ein Trend dem derzeit viele Neonazis folgen.

In Birkenwerder hat sich neben dem so genannten Deutschen Rechtsbüro, betrieben von Richard Miosga, auch der ehemalige Vorsitzenden der verbotenen Wiking Jugend und bundesweit bekannte rechtsextreme Szeneanwalt, Wolfgang Nahrath, angesiedelt. Ebenfalls in der Gegend wohnhaft ist der Pressesprecher des Landesverbandes Brandenburg Thomas Salomon sowie der Vizevorsitzende der NPD Brandenburg, Detlef Appel. Brandenburgische Sicherheitskreise warnen mit Blick auf die Kommunalwahlen im kommenden Jahr vor einer neuen Strategie der Rechtsextremen: Mit einem bürgerlichen Auftreten versuchen sich die rechten Kader zu integrieren und so die Wähler von ihrer Harmlosigkeit zu überzeugen.

In der Nichtbeachtung dieser Entwicklung sieht Nico Scuteri vom Mobilen Beratungsteam Tolerantes Brandenburg das größte Gefahrenpotenzial. "Eine Professionalisierung der Kommunalpolitik" hält er für dringend notwendig um dem Problem in Zukunft überhaupt dauerhaft gerecht werden zu können. Die Rechtsextremen versuchen mit ihrer politischen Basis- und Wühlarbeit da anzusetzen, wo demokratische Strukturen kaum oder gar nicht vorhanden sind. Diese Lücken müssen dringend von demokratischen Initiativen geschlossen werden.

Der Bürgermeister der Gemeinde Mühlenbecker Land, Klaus Brietzke (CDU), sieht das ähnlich. "Den braunen Sumpf brauchen wir nicht", betont Brietzke und kündigt an, dem Bündnis "Nordbahngemeinden mit Courage" so bald wie möglich beizutreten. Das wäre eine Lücke weniger, welche die braunen Agitatoren im Speckgürtel um Berlin für sich nutzbar machen könnten.

Die Aktionsgemeinschaft im Internet: www.mit-courage.de

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