Samstag, 18. Februar 2006

"Scheiß Neger, was machst du da?"

Ralf Fischer & Juri Eber / Mut gegen rechte Gewalt

Opfer rechtsextremer Gewalt haben in Brandenburg einen schlechten Stand. Vor Gericht müssen sie beweisen, dass ihre Peiniger politisch motiviert gehandelt haben, damit diese nicht straffrei oder nur mit äußerst geringen Strafen davon kommen. Doch was passiert, wenn die politische Dimension eines Verfahrens das Gericht gar nicht interessiert?

Am vergangenen Dienstag, den 14. Februar 2006, mussten sich zwei Männer vor dem Amtsgericht Luckenwalde wegen des Vorwurfes, gemeinsam eine gefährliche Körperverletzung begangen zu haben, verantworten. Ihnen wurde zur Last gelegt zwei Asylbewerber am 29. August 2004 angriffen und einem der beiden Opfer mit einer Bierflasche schwere Verletzungen im Gesicht zugefügt zu haben.

Serge N. aus Kamerun und der Palästinenser Hussein M. waren gerade auf dem Rückweg vom Marktplatz in Jüterbog zum Asylbewerberheim, als ihnen einer der Angeklagten, Danilo J., mit seinem Hund entgegen kam. "Scheiß Neger was machst du da?" waren Danilos erste Worte in Richtung der beiden Asylsuchenden. Völlig verblüfft über diese direkte Hasstirade fragten sie zurück was den sein Problem sei.

Daraufhin stieg Danilo J. von seinem Fahrrad und sagte salopp, dass er Ausländer hasse. Im gleichen Augenblick kam der zweite Angeklagte Christian B. dazu und schlug unvermittelt dem jungen Palästinenser mit einer Bierflasche ins Gesicht. Aus dieser Situation heraus entstand ein verbaler und körperlicher Schlagabtausch in die alle Beteiligten involviert waren. Erst das Eingreifen eines Passanten schlichtete die Situation, und im Anschluss rief eines der Opfer die Polizei zum Tatort.

Bei der Vernehmung durch die Polizei gab das Opfer Hussein M. zu Protokoll, dass er den Täter Danilo J. auf dessen Äußerungen hin, dass er Ausländer hasse, als "Nazischwein" betitelt habe. Während des Prozesses kam Danilo J. auf diesen Vorwurf zurück: "Wär ich so angezogen wie jetzt, hätt ich ja verstanden dass er mich Nazi nennt, aber ich kam doch vom Formel 1 gucken und hatte eine Mütze und ein Trikot von Ferrari an". In recht eindeutigen Naziklamotten trat er dagegen jetzt vor Gericht auf - ohne Scheu, sich zu seiner Gesinnung zu bekennen.

Selbstsicher stand Danilo J. so vor dem Richter, ausstaffiert mit einer Jacke der rechtsextremen Kultmarke Consdaple, und gab auch gleich noch zu, als Erster zugeschlagen zu haben. Besonders bedrohlich für die Angegriffenen war auch der Hund des Angeklagten, den er immer wieder scharf machte und von neuem auf die beiden Asylbewerber losließ.

Erst in der Rettungsstelle stellte man fest, dass Hussein M. von den Attacken eine Schädelprellung, eine Nasenbeinfraktur sowie eine Fraktur des vorderen Frontzahns davon trug. Serge N. wurden durch den Angriff mehrer Verletzungen am Kopf sowie starke Prellungen am Fuß zugefügt. Noch heute befindet er sich in ärztlicher Behandlung.

Das Amtsgericht verurteilte Danilo J. wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu 60 Tagessätzen und Christian B. wegen fahrlässiger Körperverletzung zu 30 Tagessätzen Bußgeld. Für die Opferperspektive Brandenburg, die Serge N. betreut, und den Prozess beobachtete wurde das Verfahren geführt "als ob es eine Schlägerei zwischen Jugendlichen war". Auch weist das gesamte Verfahren erhebliche Mängel auf, aufgrund dessen die Strafe so gering ausfiel. So wurden auf die Aussage des Opfer Hussein M. gänzlich verzichtet und die eindeutigen Aussagen Danilo J. spielten im Verfahren keine Rolle.

Die Opferperspektive kritisiert, dass damit die Motivation der Täter für die Tat gar nicht zum Thema wurde, sondern allein die körperlichen Auswirkungen. Durch diese Praxis Brandenburger Gerichte werden rassistische Übergriffe bagatellisiert und "die Täter mit milden Strafen davon kommen" so die NGO gegenüber Mut gegen rechte Gewalt.

Man wird den Eindruck nicht los, dass die schlechten Tage für Opfer rechtsextremer Gewalt in Brandenburg anhalten, währenddessen die Täter mit milden Strafen rechnen können.