Dienstag, 21. Mai 2002

Gedenken an Opfer von Neonazigewalt

Wer demonstriert am Sonnabend in Berlin-Buch? jW fragte Christina DeClerg, Sprecherin der Autonomen Antifa Nordost Berlin (AANO) 

Ralf Fischer / Junge Welt


RF: Vor zwei Jahren wurde in Berlin-Buch der Obdachlose Dieter Eich ermordet. Sie rufen aus diesem Anlaß für den 25. Mai zu einer Demonstration auf. Was ist über die Tat bekannt?

CdC: Dieter Eich wurde im Mai 2000 von vier männlichen Rechtsextremisten im Pankower Stadtteil Buch ermordet. Die Recherchen gestaltete sich für die Antifa vor Ort äußerst schwierig, da Behörden den Fall zuerst als »Raubmord« herunterspielten. Im August 2000 gelang es jedoch einigen Journalisten, mittels Vernehmungsprotokollen mehr über den Vorfall in Erfahrung zu bringen. Die Aussagen der Täter, sie sind der Bucher Kameradschaftsszene zuzuordnen, wiesen klar auf ihr rechtsextremes Tatmotiv hin. Sie gaben Kontakte zu stadtbekannten Neonazis zu, und die Wohnung eines der Täter war mehrfach für Kameradschaftsabende der Neonaziszene genutzt worden. Trotz dieser Aussagen wollten die Ermittlungsbehörden kein rechtsextremes Tatmotiv erkannt haben.

In den letzten zwölf Jahren gab es in der BRD weit über 100 Todesopfer durch den neofaschistischen Terror. Was macht den Tod Dieter Eichs so besonders?
 
Jeder Mord der braunen Horden ist unserer Meinung nach etwas Besonderes. Deshalb wollen wir mit der Kampagne »open your eyes - time to wake up!« das allgemeine Vergessen der unzähligen tödlichen Übergriffe der Neonazis und ihrer Sympathisanten durchbrechen. Im speziellen Fall Dieter Eich wenden wir uns vor allem gegen die versuchte Vertuschung der Hintergründe.

Nehmen an den Gedenkaktivitäten nehmen auch andere Gruppen teil?

Für uns war es wichtig, ein Bündnis mit den antifaschistischen Gruppen und Initiativen vor Ort herzustellen. Darüber hinaus haben wir die Opferberatungsprojekte in Berlin und Brandenburg sowie die unterschiedlichen Projekte von der Obdachlosenzeitung bis hin zu den Obdachlosenverbänden angesprochen. Mit einigem Erfolg: So unterstützen mehrere Berliner Obdachlosenzeitungen und Opferberatungsstellen aus Berlin und Brandenburg die Kampagne und Demonstration. Die Berliner Antifa und linksradikale Gruppen mobilisieren überregional, so daß eine sehr bunte Demonstration am kommenden Samstag zu erwarten ist.

Das Motto Ihrer Demo lautet »open your eyes - time to wake up«. Wen wollen Sie damit ansprechen?

Einerseits die nichtrechten Jugendlichen in Buch. Wir wollen ihnen anbieten, gegen diesen Zustand zu protestieren und sich bei weitergehendem Interesse zu organisieren. Zudem möchten wir die Bevölkerung ansprechen und vermitteln, daß sie einen nicht geringen Teil zum Entstehen dieses Klimas beigetragen hat. Diesen Menschen muß aber genauso klargemacht werden, daß sie logischerweise auch ein Teil der Lösung sein können.

* Die Demonstration startet am 25. Mai ab 15 Uhr am S-Bhf. Berlin-Buch. Infos: www.dieter.eich.de.vu, Kontakt zur AANO: aanb@mail.nadir.org, www.nordost.antifa.de