Donnerstag, 5. April 2001

1. Mai - mehr Service der Berliner Polizei

CDU fordert lautstark, die vorbeugende Haft für potentielle »Gewalttäter« auf vier Tage zu erweitern

Ralf Fischer / Junge Welt

Post vom Polizeipräsidenten, Hausbesuche von Polizisten, und wenn das nicht hilft, kommen »potentielle GewalttäterInnen« schon mal einige Tage vor dem 1. Mai in Vorbeugehaft. So stellt sich die Berliner CDU die Strategie vor, um mögliche Straftaten rund um den 1. Mai zu verhindern. Der innenpolitische Sprecher der CDU, Roland Gewalt, forderte, daß »der Unterbindungsgewahrsam für Chaoten von zwei auf vier Tage verlängert« werden soll. Denn bereits am Wochenende vor dem Maifeiertag sei nach seiner Erfahrung mit Ausschreitungen zu rechnen.

Hintergrund seiner Forderung sind Maßnahmen der niedersächsischen Landesregierung im Zusammenhang mit dem Castor-Transport. Dort wurden erstmals mehrere 100 angebliche Störer mit richterlicher Anordnung drei bis vier Tage in Gewahrsam genommen. »Es wäre hilfreich, auch in Berlin Rädelsführer für mehrere Tage in Gewahrsam zu nehmen«, so Gewalt weiter.

Doch die Erweiterung der Vorbeugehaft wird in diesem Jahr wohl nur Wunschtraum der Hardliner innerhalb der CDU sein. Alle anderen im Senat vertretenen Parteien lehnen die Erweiterung der Vorbeugehaft grundsätzlich ab. Auch Innensenator Eckart Werthebach mußte in einem Interview einräumen, daß aus zeitlichen Gründen die Umsetzung der Vorbeugehaft nicht möglich ist. Doch bestätigte er, daß die Strategie aus den letzten Jahren, angebliche »Linksextremisten gezielt anzusprechen, um sie von möglichen Straftaten abzubringen«, weiter forciert wird.

Für den 1. Mai liegt bisher bei der Berliner Polizei nur die Anmeldung der NPD, am Vormittag vom Ostbahnhof aus durch Berlin-Mitte zu marschieren, vor. Doch die Berliner Polizei geht auch davon aus, daß die beiden revolutionären Demonstrationen am frühen Nachmittag und am Abend von Kreuzberg aus losgehen werden.

Die Antifaschistische Aktion Berlin (AAB) widerspricht in ihrer Presseerklärung vehement der allgemeinen Wahrnehmung von Gewalt. Für sie ist der 1. Mai »kein unreflektiertes Ritual zwischen Hooliganismus und Love Parade«, sondern Ausdruck von konkreter Kritik an den kapitalistischen Verhältnissen. Daß diese Kritik keinen besseren Staat erfindet, sondern nur die bestehenden inneren Widersprüche aufzeigt, ist für die AAB dem Umstand zu verdanken, daß alle konkreten Utopien sich stets nach den Maßgaben kapitalistischer Rationalität richteten.

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