Dienstag, 6. März 2001

Alle gegen rechts

In Eberswalde wird gegen einen geplanten Naziaufmarsch mobilisiert

Ralf Fischer / Junge Welt

Für den 10. März hatte in Eberswalde das NPD- Bundesvorstandsmitglied Frank Schwerdt in Zusammenarbeit mit dem Eberswalder NPD-Mann Gordon Reinholz eine Demonstration unter dem Motto »Gegen linke Gewalt - für eine nationale Jugendkultur« angemeldet. Doch die Anmeldung wurde vom Bundesgeschäftsführer der NPD Andreas Salomon unter der Begründung, das weder die NPD noch ihre Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten (JN) einen Aufmarsch an diesem Tag in der nördöstlich von Berlin gelegenen Kleinstadt planen, Mitte vergangener Woche zurückgezogen. Kurz danach kam der Polizei in Eberswalde eine erneute Anmeldung ins Haus geflattert. Diesmal war Udo Hempel vom »Jungen Nationalen Spektrum« aus Ostsachsen der Anmelder der gleichen Demonstration. Die Neonazis wollen quer durch die Innenstadt und das Leibniz-Viertel marschieren. Beginnen soll das Spektakel um 10.30 Uhr am Eberswalder Busbahnhof.

Auf einem Flugblatt, das im Schaufenster des Eberswalder Neonazigeschäftes »Ragnaröck« hängt, prangen die Namen von über einem Dutzend örtlicher und überregionaler Kameradschaften, die den Aufruf zur Demonstration in Eberswalde unterstützen. Auch im Internet werben die freien Kameradschaften bundesweit für diese Demonstration. Angemeldet sind insgesamt 400 Teilnehmer, auch die berüchtigte Berliner Kameradschaft »Germania« ruft wieder einmal zu einem eigenen Block auf. Die örtliche Antifa rechnet mit weniger als 400 Teilnehmern an dem Neonaziaufmarsch.

Mit dem Bekanntwerden der Anmeldung der Neonazis startete eine breite Gegenmobilisierung. In der Vergangenheit waren es in Eberswalde immer die linke Szene und das Netzwerk für ein tolerantes Eberswalde, die sich gegen solche Aktionen der Neonazis stellten. Aber diesmal scheint alles etwas anders abzulaufen. Auch der parteilose Bürgermeister Reinhard Schulz will sich offenbar gegen die Neonazis engagieren und meldete eine Kundgebung gegen Rechts von 11 bis 14 Uhr auf dem Marktplatz an. Auftreten werden die Berliner Reggae-Band von »Ras Donovan« und wahrscheinlich mehrere lokale Rockgruppen. Außerdem haben sich Parteien, Gewerkschaften und andere Organisationen mit Infoständen angemeldet.

Neben der Gegenaktion auf dem Marktplatz wird es noch zwei weitere Kundgebungen geben. Die Jugendinitiative EXIL e.V. veranstaltet mit befreundeten Gruppen auf einer Wiese am Hauptbahnhof von 9.30 bis 11 Uhr und auf dem Karl- Marx-Platz von 11.30 bis 15 Uhr ein Konzert mit mehreren Bands und DJs. Die Musikrichtungen reichen hier von HipHop bis House.

Hinter der Nazidemonstration wird die Kehrmaschine der Stadt Eberswalde getreu dem Motto »Wir fegen den Dreck von der Straße« fahren. Am Rande des Naziaufmarsches wollen der Evangelischen Jugendkeller und das Bunte Plenum unter dem Motto »Bunt statt braun!« gewaltfreie Aktionen starten. Allen Eberswalder Protestlern ist es wichtig, daß der Widerstand gewaltfrei bleibt. Jede Eskalation wäre ihrer Meinung nach ein Punkt für die Neonazis. Die Provokation ist schon mit dem Motto klar - davon sollte sich aber niemand beeindrucken lassen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen