Mit »geschlossenen Reihen« und »hochmotivierten Kämpfern« zurück in die Vergangenheit
Ralf Fischer / Junge Welt
Unter der Überschrift »NPD 2000. Mit geschlossenen Reihen vorwärts«
beschwört Winfried Petzold, als Vorsitzende des rechtsextremen
NPD-Landesverbandes Sachsen, in der neuesten Ausgabe der parteieigenen
»Sachsenstimme« eine Untergangsstimmung. »Weltvergifter und Verderber
aller Völker« würden kurz vor Erreichen ihres Zieles stehen: »einer
Diktatur des Weltkapitals mit totaler Zerstörung gewachsener Kulturen«.
Der »Raffgierkapitalismus« würde freie Völker versklaven und die Erde
»in ein Leichenhaus« verwandeln. Die Demokratie bilde als politische
Ausdrucksform des Kapitalismus dabei den Rahmen für dieses
»selbstmörderische Unternehmen«.
Der sächsische Landesverband ist
mit seinen derzeit 1200 Mitgliedern der größte der NPD. Jedoch lösten
sich vor einem Jahr eine Reihe von Funktionären von der Sachsen-NPD.
Diese empfanden den Landesverband als zu liberal, auch die
Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten (JN) ging der Partei fast
ausnahmslos verloren.
Im Zuge der Spaltung kam es zur Gründung des
»Bildungswerkes Deutsche Volksgemeinschaft« (BDVG). Neben ehemals
sächsischen NPD-Kadern beteiligten sich an diesem Konzept auch
»Abtrünnige« aus Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Das Programm
des BDVG ist in Inhalt und Terminologie an den historischen
Nationalsozialismus angelehnt.
Mittlerweile schwenkt auch Winfried
Petzold auf diesen Kurs ein. In dem insgesamt aggressiv formulierten
Beitrag hält er Wahlen für ein ungeeignetes Mittel, um politische
Veränderungen zu erreichen, und führt an, daß es noch andere Methoden
gebe, um politisch wirksam zu werden. Dafür seien entschlossene,
hochmotivierte Kämpfer erforderlich. Mit anderen Kräften könne man keine
»revolutionäre« Umgestaltung durchführen.
Damit entspricht er der
Strategie des BDVG, das die Kaderschulung in den Vordergrund stellt und
den Anspruch erhebt, »die Volksgemeinschaft im Kleinen« vorzuleben.
Weiter führt Petzold aus: »Der zweifellos bevorstehende Endkampf bedarf
gut geschulter politischer Soldaten, die aus voller Überzeugung bereit
sind, im Notfall alles zu opfern, ja das Letzte zu geben.«
Offen
vollzieht die sächsische NPD einen Kurswechsel. Die Partei habe aus
»wahltaktischen Gründen« in Sachsen vor der Landtagswahl keine
Aufmärsche mehr durchgeführt. Doch künftig werde sie auf das bewährte
Kampfmittel nicht mehr verzichten. Zur »Stärkung der Kampfmoral« seien
prägende Gemeinschaftserlebnisse nicht zu unterschätzen. »Fahnen,
Trommeln sowie exakte Marschformationen erschrecken lediglich jene, die
in Chaos, Gewalt, Anarchie und Zerstörung ihr Ideal sehen.«
Er
resümiert: Nur mit »entschlossenen, hochmotivierten Kämpfern für die
deutsche Sache« könne man eine Änderung der politischen und damit
wirtschaftlichen Verhältnisse erreichen. Es läge nach »10 Jahren BRD in
Mitteldeutschland« klar auf der Hand, daß »ein Wandel zum Besseren durch
Wahlen nicht zu erreichen ist«. Die NPD verstehe sich als »Kampf- und
Sammlungsbewegung aller nationalen Kräfte, sie ist kein Wahlverein.« Er
sieht für die NPD im »erfolglosen Wahlprozentkampf« keine Chancen,
vielmehr müsse man die eigene Stärke und interne Struktur vergrößern -
die »Bewegung zu einer Festung« ausbauen.
Dieser
besorgniserregende Trend stößt im bürgerlichen Lager auf keinerlei
Widerstand. Es gab in Sachsen in diesem Jahr gegen die Aufmärsche der
Rechtsextremen keine erkennbaren Aktivitäten von Parteien und
Gewerkschaften. Demonstrationen und andere Aktivitäten gingen bisher
ausschließlich von regional aktiven Antifagruppen aus.