Samstag, 4. November 2000

Brief gegen einen Nazikader

Berliner wollen im Prenzlauer Berg keinen Neofaschisten als Nachbarn

Ralf Fischer / Junge Welt

»Wir sind mehrere Mieter der Isländischen Straße, die Sie in diesem Brief darüber informieren wollen, daß in unserer direkten Nachbarschaft (Isländische Straße 7) einer der bekanntesten und gefährlichsten Nazikader Berlins wohnt.« So beginnt ein Flugblatt, das am Mittwoch in Teilen des Berliner Stadtbezirks Prenzlauer Berg in den Briefkästen lag.

Der Text gilt dem als Drahtzieher der »Freien Kameradschaften« bekannten Oliver Schweigert. Der 1968 geborene gelernte Maschinenschlosser macht seit Jahren als Anti-Antifa-Aktivist von sich reden.Im Oktober 1999 durchsuchte der Staats- und Verfassungsschutz seine Wohnung in Berlin, wobei eine »schwarze Liste« mit über 60 Namen und Adressen, teilweise auch Fotos, von politischen Gegnern gefunden wurde. In diesem Jahr meldete er den »Rudolf-Heß-Gedenkmarsch« an, der jedoch vom Verwaltungsgericht verboten wurde. Schweigerts Frau, Stella Palau, ist stellvertretende Vorsitzende der Berliner NPD und führendes Mitglied des »Skingirl-Freundeskreis Deutschland« (SFD). Auf ihren Namen und die Adresse in der Isländischen Straße ist die Internetseite des SFD angemeldet.

In ihrem Brief rufen die Verfasser ihre Nachbarn auf, sich gegen Rechtsextremismus zur Wehr zu setzen, Neonazis spüren zu lassen, daß sie nicht erwünscht sind, und Opfern rechter Angriffe zu helfen. Das Berliner »Antifaschistische Aktionsbündnis III« (A3) veröffentlichte das Flugblatt am Freitag vormittag. In seiner Pressemitteilung bestätigt es die Richtigkeit der Informationen und verweist auf zahlreiche Aktionen der extremen Rechten im Nordosten Berlins. Das Bündnis solidarisiert sich mit der Aktion und ruft zu mehr Eigeninitiativen dieser Art auf.

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