Montag, 16. Oktober 2000

Überwachungsgegner überwacht

In Leipzig protestierten mehrere tausend Autonome gegen Schnüffelstaat

Ralf Fischer / Junge Welt

Am Samstag nachmittag versammelten sich in Leipzig über 2 000 Autonome auf dem Augustusplatz, um gegen die wachsende Überwachung von öffentlichen und privaten Räumen zu protestieren. Schon vor Beginn der Demonstration zeigten die aus Bayern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen zusammengezogenen Polizeieinheiten, was sie von der Protestaktion hielten. Willkürlich wurden schon am Bahnhof über 30 Demonstranten ohne Angabe von Gründen festgenommen. Die Demonstration selber wurde begleitet von Hubschraubern, überwacht von mobilen Videokameras und umzingelt von einem Spalier der Bereitschaftspolizei.

Das Leipziger Verwaltungsgericht hatte am 12. Oktober die Demonstration »Save the Resistance - gegen Überwachungsgesellschaft und Sicherheitswahn« genehmigt und damit auch die Route durch die Innenstadt. Im Urteil heißt es dazu: »Das Recht, sich ungehindert und ohne besondere Erlaubnis mit anderen zu versammeln, galt seit jeher als Zeichen von Freiheit, Unabhängigkeit und Mündigkeit des selbstbewußten Bürgers.« Dies gelte »auch und vor allem« für »andersdenkende Minderheiten«. Ebenfalls erteilte das Verwaltungsgericht der pauschalen Kriminalisierung von Gruppen, wie der Antifaschistischen Aktion Berlin oder der Antifaschistischen Aktion/Bundesweite Organisation, eine Absage. Deren Teilnahme sei nicht geeignet, eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu begründen.

In den Redebeiträgen während der Protestaktion wurde auf die wachsende Überwachung der Innenstädte, die Privatisierung öffentlicher Räume, die Einschränkung politischer Handlungsmöglichkeiten und die Repression gegen Minderheiten aufmerksam gemacht. Gerade der Versuch der Stadt Leipzig, diese Demonstration zu verbieten, zeige deutlich die Entwicklung zu einer Überwachungsgesellschaft, wurde hervorgehoben. Extra für die Demonstration wurden zehn weitere Videokameras in der Innenstadt installiert.

Als die Demonstration im Zentrum der Stadt ankam, griff die Polizei den Block der autonomen Antifa wegen Tragens von Seitentransparenten und angeblicher Vermummung an. Dabei wurden einige Protestierende leicht verletzt, doch die Demonstration konnte weitergehen - mit den Seitentransparenten.

Die Organisatoren, »Bündnis gegen Rechts« und »Antifaschistischer Frauenblock Leipzig«, werten die hohe Beteiligung an der Demonstration als Erfolg.

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