Freitag, 4. August 2000

Weiter keine heiße Spur

PDS unterstützt Aufruf zur Demonstration in Düsseldorf am Sonnabend

Ralf Fischer / Junge Welt

Dem Aufruf des Antifa-Koordinationskreises Düsseldorf für eine Großdemonstration am Sonnabend haben sich am Donnerstag auch prominente PDS-Politiker wie Lothar Bisky, André Brie und Diether Dehm angeschlossen. In dem Aufruf heißt es unter anderem: »Am 27. Juli explodierte am Düsseldorfer S-Bahnhof Wehrhahn eine Handgranate. Die zehn Verletzten sind durchweg Aussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion, sechs davon jüdischen Glaubens.«

Ein neonazistischer Hintergrund drängt sich angesichts des Tathergangs auf. Die neonazistische Szene wurde in Düsseldorf jahrelang von Politik und Behörden verharmlost und sogar totgeschwiegen. Die Landeshauptstadt Düsseldorf versteht sich als weltoffene und tolerante Stadt, in der es nach Meinung von Politik und Polizei keine nennenswerten neonazistischen Umtriebe gäbe. Die Fakten sprechen eine andere Sprache. So betreibt beispielsweise die sogenannte »Kameradschaft Düsseldorf«, eine Nachfolgeorganisation der verbotenen terroristischen FAP, das »Nationale Infotelefon Rheinladen«, eine Kontakt- und Koordinationsstelle mit bundesweiter Bedeutung für die militante Neonazi-Szene. Ein führendes Mitglied der »Kameradschaft« bezeichnete Juden als »Deutschlands größte Feinde« und rief zu Jubelfeiern anläßlich des Todes des Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, auf.

Verwoben ist die militante Neonaziszene auch in Düsseldorf mit der Rechtsrock-Szene, die in dem Plattenladen »Powerstation« ihren Treffpunkt hat. Die Täter, die am 3. Juli 2000 einen Griechen und einen Afghanen an einem S-Bahnhof angriffen und eines ihre Opfer auf die Gleise stießen, kamen gerade von einer Probe ihrer Band »Reichswehr«.

In vielen Stadtteilen agieren neonazistische Jugendcliquen, die nazistisches Propagandamaterial verbreiten. Auch im Düsseldorfer Rathaus sind Neonazis vertreten. So feierte der bei der letzten Kommunalwahl erfolgreiche Ratsherr Jürgen Krüger von den Republikanern seinen Einzug in das Stadtparlament lautstark mit seinen Freunden von der »Kameradschaft Düsseldorf«.

Der am Mittwoch abend von der Düsseldorfer Polizei vorläufig festgenommene 34jährige Militariahändler wurde nach einem achtstündigen Verhör am Donnerstag morgen wieder auf freien Fuß gesetzt. »Es war keine heiße Spur«, sagte der Düsseldorfer Staatsanwalt Johannes Mocken. Der ehemalige Bundeswehrsoldat betreibt in der Nähe des Tatorts ein Geschäft mit Militärartikeln, das unter Szenebeobachtern als ein Anlaufpunkt der Neonazis gilt.

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