Freitag, 12. Mai 2000

Verbot für Aufmärsche der Neonazis gefordert

Protest gegen NPD-Umzüge in Prenzlau und Weimar

Ralf Fischer / Junge Welt

Nach den Aufmärschen am 1.Mai will die NPD nun wieder am 13. Mai in Weimar und Prenzlau Stärke demonstrieren. Nachdem in Weimar die NPD-Demonstration zum 1.Mai verboten worden ist, wird davon ausgegangen, daß diese Demonstration erlaubt wird. Mit den häufigen Aufmärschen versucht die NPD, ihren Mitgliedern und Sympathisanten ein erfolgreiches Massenevent zu bieten. Andererseits will sie damit erreichen, daß Neonaziaufmärsche zur Normalität werden. Deshalb sei es wichtig, jedem Aufmarschversuch offensiv entgegenzutreten, sagte ein junger Antifaschist aus Weimar gegenüber jW. »Wenn die Faschisten ohne Gegenwehr marschieren, ist es ihnen gelungen, Teil der Normalität zu werden«, fuhr er fort. In Weimar mobilisiert ein breites Bündnis von autonomer Antifa bis hin zu Gewerkschaften gegen die Provokation der NPD. Treffpunkt ist am Sonnabend um 12 Uhr auf dem Goetheplatz in Weimar. Auch in Prenzlau ist es nicht das erste Mal, daß die NPD aufmarschiert. Diesmal will sie unter dem Motto »Rote Karte für Einwanderer - Deutschland ist kein Einwanderungsland« durch die Stadt ziehen. Eine für den 13.Mai in Eberswalde von der NPD angemeldete Demonstration wurde am Mittwoch in erster Instanz verboten.

Donnerstag, 4. Mai 2000

Sachsens NPD trommelt zum Sammeln

Mit »geschlossenen Reihen« und »hochmotivierten Kämpfern« zurück in die Vergangenheit

Ralf Fischer / Junge Welt

Unter der Überschrift »NPD 2000. Mit geschlossenen Reihen vorwärts« beschwört Winfried Petzold, als Vorsitzende des rechtsextremen NPD-Landesverbandes Sachsen, in der neuesten Ausgabe der parteieigenen »Sachsenstimme« eine Untergangsstimmung. »Weltvergifter und Verderber aller Völker« würden kurz vor Erreichen ihres Zieles stehen: »einer Diktatur des Weltkapitals mit totaler Zerstörung gewachsener Kulturen«. Der »Raffgierkapitalismus« würde freie Völker versklaven und die Erde »in ein Leichenhaus« verwandeln. Die Demokratie bilde als politische Ausdrucksform des Kapitalismus dabei den Rahmen für dieses »selbstmörderische Unternehmen«.

Der sächsische Landesverband ist mit seinen derzeit 1200 Mitgliedern der größte der NPD. Jedoch lösten sich vor einem Jahr eine Reihe von Funktionären von der Sachsen-NPD. Diese empfanden den Landesverband als zu liberal, auch die Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten (JN) ging der Partei fast ausnahmslos verloren.

Im Zuge der Spaltung kam es zur Gründung des »Bildungswerkes Deutsche Volksgemeinschaft« (BDVG). Neben ehemals sächsischen NPD-Kadern beteiligten sich an diesem Konzept auch »Abtrünnige« aus Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Das Programm des BDVG ist in Inhalt und Terminologie an den historischen Nationalsozialismus angelehnt.

Mittlerweile schwenkt auch Winfried Petzold auf diesen Kurs ein. In dem insgesamt aggressiv formulierten Beitrag hält er Wahlen für ein ungeeignetes Mittel, um politische Veränderungen zu erreichen, und führt an, daß es noch andere Methoden gebe, um politisch wirksam zu werden. Dafür seien entschlossene, hochmotivierte Kämpfer erforderlich. Mit anderen Kräften könne man keine »revolutionäre« Umgestaltung durchführen.

Damit entspricht er der Strategie des BDVG, das die Kaderschulung in den Vordergrund stellt und den Anspruch erhebt, »die Volksgemeinschaft im Kleinen« vorzuleben. Weiter führt Petzold aus: »Der zweifellos bevorstehende Endkampf bedarf gut geschulter politischer Soldaten, die aus voller Überzeugung bereit sind, im Notfall alles zu opfern, ja das Letzte zu geben.«

Offen vollzieht die sächsische NPD einen Kurswechsel. Die Partei habe aus »wahltaktischen Gründen« in Sachsen vor der Landtagswahl keine Aufmärsche mehr durchgeführt. Doch künftig werde sie auf das bewährte Kampfmittel nicht mehr verzichten. Zur »Stärkung der Kampfmoral« seien prägende Gemeinschaftserlebnisse nicht zu unterschätzen. »Fahnen, Trommeln sowie exakte Marschformationen erschrecken lediglich jene, die in Chaos, Gewalt, Anarchie und Zerstörung ihr Ideal sehen.«

Er resümiert: Nur mit »entschlossenen, hochmotivierten Kämpfern für die deutsche Sache« könne man eine Änderung der politischen und damit wirtschaftlichen Verhältnisse erreichen. Es läge nach »10 Jahren BRD in Mitteldeutschland« klar auf der Hand, daß »ein Wandel zum Besseren durch Wahlen nicht zu erreichen ist«. Die NPD verstehe sich als »Kampf- und Sammlungsbewegung aller nationalen Kräfte, sie ist kein Wahlverein.« Er sieht für die NPD im »erfolglosen Wahlprozentkampf« keine Chancen, vielmehr müsse man die eigene Stärke und interne Struktur vergrößern - die »Bewegung zu einer Festung« ausbauen.

Dieser besorgniserregende Trend stößt im bürgerlichen Lager auf keinerlei Widerstand. Es gab in Sachsen in diesem Jahr gegen die Aufmärsche der Rechtsextremen keine erkennbaren Aktivitäten von Parteien und Gewerkschaften. Demonstrationen und andere Aktivitäten gingen bisher ausschließlich von regional aktiven Antifagruppen aus.