Donnerstag, 27. Januar 2000

Plakate im Berliner Norden

Neuer faschistischer Sammlungsversuch der »Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front«

Ralf Fischer / Junge Welt

In den letzten Wochen wurden im Berliner Norden zunehmend Plakate der Gruppe »Kampfbund Deutscher Sozialisten« (KDS) geklebt. Als »Verantwortliche« fungieren die bekannten Nazikader Thomas Brehl und Michael Koth. Der schon in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Brandenburg aktive KDS hat sich zur Aufgabe gestellt, »rechte und linke Sozialisten« zusammenzuführen.

Auf den Plakaten ist unter anderem ein Brief Brehls unter der Überschrift »Hände weg von Egon Krenz!« zu sehen. In dem Schreiben meint der bekennende Nationalsozialist, daß die ideologischen Gräben zwischen ihm und Egon Krenz nur auf »Mißverständnissen beruhen«. Weiter schreibt Brehl, daß er sich für die nächste Zeit eine »politische Wende« erhoffe und ein gemeinsamer Weg zum »deutschen Sozialismus« gefunden werden müsse. Thomas Brehl ist seit Jahrzehnten in der faschistischen »Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front« (GdNF) organisiert. Neben ihm haben sich weitere GdNF- Kader wie Frank Hübner in der KDS wiedergefunden.

Die GdNF ist eine Organisation, die an die Tradition der SA unter Ernst Röhm anknüpft und Ende der siebziger Jahre von Michael Kühnen gegründet wurde. Die Gruppe wurde in den 80er Jahren der Knotenpunkt von Neofaschisten in Westdeutschland und schuf eine Reihe von Vorfeldorganisationen - darunter die Gruppierungen »Nationale Sammlung«, »Deutsche Alternative« (DA), »Nationale Liste«, »Nationale Alternative« und den »Nationalen Block«. Ende der 80er überzog ein Geflecht von kleineren Neonazi-Gruppen unter Anleitung der GdNF die BRD.

Die »Vereinigung« von BRD und DDR bestärkte die GdNF massiv. So gewann die »Deutsche Alternative« (DA) insbesondere 1991 und 1992 bei rechts gesinnten Jugendlichen im Osten an Popularität. Es folgten die Angriffe und Ausschreitungen in Hoyerswerda, Rostock-Lichtenhagen und Quedlinburg.

Frank Hübner, Vorsitzender der in Spitzenzeiten bis zu 1 000 Mitglieder zählenden DA, war einer der Organisatoren des GdNF-Netzwerkes in Ostdeutschland. Die Strategie der Gesinnungsgemeinschaft - mit einem öffentlichen Auftreten als scheinbar lockere Ansammlung, die nur eine gemeinsame Ideologie verbindet - ist aufgegangen. Die Ermittlungsbehörden sind nie gegen das eigentliche Kaderzentrum vorgegangen, sondern immer nur gegen die Vorfeldorganisationen. So wurde 1993 die DA verboten, die Mitglieder kamen schnell wieder in den unterschiedlichsten Projekten unter. Der größte Teil ging zu den »Jungen Nationaldemokraten« (JN), der Jugendorganisation der NPD.