Donnerstag, 9. September 1999

Demonstration zum Sitz der »Vandalen«

Protestaktion vor dem Nazi-Clubhaus in Berlin-Weißensee

Ralf Fischer / Junge Welt

Nachdem Ende Juli mit der Erstürmung einer Hochzeitsfeier in Berlin-Weißensee der jahrelange Treffpunkt der rechtsextremen Vereinigung »Vandalen« durch die Polizei entdeckt wurde, hat das »Antifaschistische Aktionsbündnis III« (AAB III) eine Demonstration unter dem Motto »Vandalen zurück in den Sumpf« angekündigt.

Am 24. Juli wurde bei einer Durchsuchung der Polizei bekannt, daß sich das Clubhaus der »Vandalen« in der Liebermannstraße 97 (Berlin-Weißensee) auf einem Fabrikgelände befindet. Hans B., Mitglied dieser rechtsextremen Vereinigung, wollte hier an jenem Tag seine Hochzeit mit Susanne Bauer feiern. Die 29jährige arbeitet in der Pressestelle der NPD in Stuttgart. Doch die Hochzeitsfeier verlief nicht nach Plan: Am frühen Abend riegelte die Polizei das Clubhaus ab und unterbrach die Party. Die Gäste wurden durchsucht und ihre Identität überprüft.

Die Betreiber des Dresdner »Café Germania« Helmar Braun und Jens Pühse, nebenbei auch tätig für einen rechten Musikversand, gehörten neben zahlreichen anderen hochrangig - aus dem gesamten Bundesgebiet angereisten - Neonazis zu den 100 Gästen. Als die Personalien aller Teilnehmer ermittelt wurden und umfangreiches Beweismaterial beschlagnahmt wurde, ging die Naziveranstaltung weiter. Vier Hundertschaften Polizei waren im Einsatz und nahmen fünf Personen zeitweise in Gewahrsam. Zur Hochzeit sollten auch einige rechte Bands auftreten, darunter die verbotenen »Landser« - eine der meistgehörten Faschistengruppen im Osten.

Beim Bezirksamt Weißensee war man völlig überrascht. »Wir wußten bislang nicht einmal von der Existenz dieser Gruppe«, räumte Bezirksamtssprecher Klaus Schnitzelt ein. Daß sich das Clubhaus nur 300 Meter vom Rathaus entfernt befindet und im Verfassungsschutzbericht seit Jahren erwähnt wird, daß die »Vandalen« ein Clubhaus in Weißensee besitzen, ist im Bezirksamt nie aufgefallen. Bürgermeister Gert Schilling (SPD) beteuerte immer wieder, daß er davon nichts erfahren habe.

Der Staatsschutz und das LKA wußte schon lange von der Existenz der »Vandalen« und dem Clubhaus. Bereits vor 1989/90 verfügte die Gruppe, die sich selbst als »Ariogermanische Kampfgemeinschaft« bezeichnet, über gute Kontakte zu faschistischen Organisationen im Westen Deutschlands, vor allem zur » Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei« (FAP) sowie zur mittlerweile ebenfalls verbotenen »Wiking-Jugend«.

International bekannte Faschisten wurden nach 1990 oft im Clubhaus empfangen. So auch Joos Vermeehren, Chef des »Flammse Block«, einer äußerst militanten Gruppe aus Belgien. Auch die Österreicher Peter Binder und Günther Reinthaler waren oft Gäste der »Vandalen«. Reinthaler ist Gauleiter der Volkstreuen Außerparlamentarischen Opposition (VAPO). Die VAPO wiederum ist ein Teil der Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front (GdNF).

Besonders intensiv hat sich die Berliner Morgenpost mit dem Fall beschäftigt. Ob bei deren Recherche jedoch alles mit rechten Dingen zuging, ist zumindest in einem Fall fragwürdig. So vermittelte die Zeitung ihren Lesern in einem Artikel den Eindruck, Teile des AAB III hätten offen zur Gewalt gegen Mitglieder der »Vandalen« aufgerufen. Dies, obwohl Sprecher des AAB III mehrfach, zuletzt gegenüber dem Neuen Deutschland, betont hatten, das Bündnis arbeite »legal und nicht militant«. Offenbar soll durch die Darstellung der Morgenpost wieder einmal vermittelt werden, daß Linke mit Rechten auf eine Stufe zu stellen sind.

Gegen das Clubhaus regt sich Widerstand. Das AAB III ruft zu einer Demonstration am 11. September, (13.00, S-Bahnhof Greifswalder Straße) auf. Unter dem Motto »Vandalen zurück in den Sumpf« soll die Demonstration direkt vor das »Clubhaus« führen.